Ein Blick in die Welt der Rekorde und Bestleistungen einer Sportart gilt zumeist als Zeichen von Leistungsstärke und Historie – ob dies auch in Bezug auf den Skijaksport seine Gültigkeit hat, lässt große Zweifel aufkommen, zumal die aktuelle Realität von großem Wandel geprägt scheint. Der Versuch einer Momentaufnahme.
Wenn an einem Wochenende Vertreter mit rund 1/3 Anteil an allen bisherigen Regattasiegen sowie der aktuelle Skijak-Champion und der absolute Rekordhalter an Wettkampfteilnahmen seit 1982 auf die „Ski, die schwimmen“ steigen, dann kann man getrost von einem Wochenende der Superlative sprechen. Als Zugabe gabs die 23. Österreichischen Skijakmeisterschaften und jede Menge Premieren.
Bleiben wir bei der Superlative einer Sportart, die sich seit der Jahrhundertwende mit einer fast mitleiderregenden Abwärtsspirale seines Aktivitätspegels konfrontiert sieht. Die Gründe dafür sind ein Spiegelbild unserer Gesellschaft: fehlende wirtschaftliche Unterstützung – fehlende Motivation – hoher Aufwand und Überalterung.
„Die Angst der Menschen vor dem unbekannten Abenteuer hat zugenommen ...“
Dass der Sport in all den Ups-and-Downs unserer Luxus- und Überdruss-Gesellschaft dennoch überlebt hat, ist dem besonderen Einsatz einiger unermüdlicher Trofaiacher und sicher auch dem ungewöhnlichen Anreiz, über das Wasser gehen zu können, geschuldet.
Die Namen dieses Wochenendes stehen auch für Hoffnung, Zukunft und Realität des Sports:
· Petr Kakes: Extremfahrer (u.a. Gesäuse-Eingang), Ärmelkanalbezwinger und 6-facher Regattachampion bei 9 Starts
· Heinz Kaltenegger: Skijak-Urgestein, Ärmelkanalbezwinger und 14-facher Regatta-Champion zwischen 1982 und 1998
· Wolfgang Judmaier: Skijak-Marathon-Mann, Wiederbeleber der Skijakszene und 3-facher ÖMS-Champion seit 2018
· Robert Koch: Skijak-Urgestein, Mitbegründer und Obmann des ältesten Skijakvereines der Welt, Rekordteilnehmer (61 x) an Skijakregatten
Dazu: Alex Koch als zurzeit technisch-bester Skijakfahrer und Wolfgang Judmaier jun. als Erben der „Generation 3.0“ sowie die jungen Hoffnungsträger aus der Ukraine Nick und Daniel sowie der erst 15-jährige Andreas Judmaier, der erstmalig an einer Regatta teilnahm.
… und der engagierte Bernd Lierzer, der es sich trotz angeschlagenem körperlichen Zustand nicht nehmen ließ, die Skijakkollegen mit Tatkraft, Autobegleitung und Fotokamera zu unterstützen – eine Rolle, die oft viel zu wenig beachtet und bedankt wird.
Begleitet war das Wochenende neben den sportlichen Events am Trabochersee und auf der Mur vor allem aber auch durch zahlreiche Geschichten und Episoden aus der mehr als 40-jährigen Erfolgsgeschichte der „Wassergeher“, die im kommenden Jahr übrigens das 75-jährige Bestandsjubiläum des Namens „Skijak“ begehen und entsprechend würdigen wollen. Mit Erinnerung, Festivität und sportlichem Wettkampf.
Apropos Wettkampf. Seine Vormachtstellung im aktuellen Skijak-Wettkampfbereich unterstrich eindrucksvoll Wolfgang Judmaier, der sich mit Ex-Champion Petr Kakes ein hartes Duell lieferte und letztlich triumphierte.
Detail am Rande: Für die Revanche im kommenden Jahr kündigte der sympathische Exil-Tscheche, der in Oregon (USA) lebt und unglaublich viel für den Skijaksport geleistet hat, mit viel Augenzwinkern an: „Nächstes Jahr wird es wieder anders!“
Apropos Premiere. Neben der erstmaligen Teilnahme von ukrainischen Skijaksportlern an dieser erstmalig durchgeführten Sprintregatta, die bis zur Zielankunft in Leoben spannend blieb, gab es auch das Debüt des knapp 15-jährigen Andreas Judmaier, der das „3-Generationen-Modell“ der Familie Judmaier vollendete.
Und apropos Hoffnung. Diese liegt für die Trofaiacher Skijaksportler, die den Sport aufrecht erhalten und als weltweit einziger verbliebener Skijakverein gelten, zurzeit in Ermangelung des heimischen Nachwuchs-Interesses bei einer Gruppe ungemein interessierter und talentierter Sportfreunde aus der Ukraine und Ungarn.
„Den jungen Leuten unserer Region ist der Aufwand zu hoch und die sportliche Belastung offensichtlich zu groß“, weiß auch Skijak-Urgestein Robert Koch zu berichten, der sich seit Jahrzehnten auch als Sportlehrer intensiv damit auseinandersetzt, den Reiz und vor allem die sportlichen Aspekte dieser unglaublichen Ganzkörpersportart weiterzugeben. „Modesportarten ohne Aufwand und Risiko zählen dabei meist mehr … oder es gewinnen Handy-Bequemlichkeit, Faulheit und Angst vor unbekannten Erlebnissen!“
Klingt irgendwie ernüchternd …
… und bedrohlich.
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